Donnerstag, 5. Mai 2011

(1)Die Station Lichtenstein, das obere Ende der Honauer Zahnradbahn

Die Station Lichtenstein,das obere Ende der Honauer Zahnradbahn
1901, vor 110 Jahren wurde aus der „Station“ ein Bahnhof

Die Bahnstrecke von Honau auf die Alb wurde 1893 deshalb als Zahnradbahn mit 10% Steigung gebaut, weil dies die kostengünstigste Lösung des „Problem Albaufstieg“ war. So konnte die Albhochfläche ohne kilometerlange und kostspielige Schleifenentwicklungen auf direktem Weg erreicht werden. Möglich wurde diese Streckenführung auch, weil der damalige Obermaschinenmeister der Königlich Württembergischen Staatseisenbahn (KWStE) Adolph Klose, die Zuglast auf der Zahnradbahn durch den Einsatz von zwei Zahnradlokomotiven gleichsetzte, mit der Zuglast einer Lok auf der Talstrecke von Reutlingen bis Honau. Wobei diese Talstrecke teilweise auch schon fast so steil war wie die berühmte Geislinger Steige. Dabei sollten die beiden Zahnradlokomotiven dann vorne am Zug diesen zur Station Lichtenstein hinaufziehen, ohne zeitraubendes Umsetzen der Lokomotiven in Honau und Lichtenstein.





Die Achalm, eine von vier Zahnrad-Dampflokomotiven der Klasse Fz. Bild: Archiv Daimler Benz

Leider wurde diese eigentlich vielversprechende Fahrweise dann von der Bahnaufsicht kurz vor der Betriebseröffnung (1.10.1893) verboten.
Nach der am 29. September 1893 erlassenen "Anweisung über den Betrieb der Zahnradbahn Honau-Lichtenstein" war der Einsatz von zwei Zahnradlokomotiven nicht zulässig. Bei der Fahrt bergwärts musste der Zug zur Sicherung geschoben werden, ohne Lokomotive an der Zugspitze.
Durch den Einsatz von nur einer Lokomotive, konnte natürlich auch nur das halbe Zuggewicht als ursprünglich vorgesehen bis Lichtenstein befördert werden. Darüber hinaus ergab sich zusätzlich das Problem, dass in Lichtenstein die Lok von hinten wieder an das vordere Ende des Zuges umgesetzt werden musste. Dies war jedoch nicht möglich, weil es zu Beginn in der Station Lichtenstein keine Weichen gab.

Zum Betrieb auf der Zahnradstrecke war es also nun erforderlich eine zusätzliche Zahnradlok in Honau zu stationieren, die an das hintere Ende eines Zuges nach Lichtenstein gekuppelt werden konnte. Die Zahnradlok die den Zug nach Honau brachte, wurde abgekuppelt und fuhr dem Zug leer voraus um ihn ab Station Lichtenstein wieder zu übernehmen. Die Schiebelok fuhr nach getaner Arbeit wieder nach Honau zurück.

Ein von Münsingen kommender Zug bedurfte keiner Unterstützung einer zweiten Zahnradlok zum Befahren der Zahnradstrecke nach Honau. Die Zahnradlokomotiven Fz konnten aufgrund ihrer besonderen Konstruktion bei der Talfahrt vorwärtsfahrend vorne am Zug verbleiben



Gleisplan: Staatsarchiv Ludwigsburg

Einige Wochen nach der Betriebseröffnung wurde dann Werkmeister Gulde, der auch schon 1887 am Bau der Honauer Trinkwasserleitungen beteiligt war, beauftragt auf der Station Lichtenstein ein Ausweichgleis mit 3 Weichen zu bauen (im Plan rot eingezeichnet). Dadurch konnte diese aufwändige Fahrerei mit zwei Zahnradloks baldmöglichst beenden werden.

Vermutlich hatte Gulde nur die im Herstellerwerk (eventuell Schwäbische Hüttenwerke Wasseralfingen) vorgefertigten Gleis- und Weichenteile auf dem von der Bahn vorbereiteten Gleisbett verlegt und zusammengebaut.

Die Bahngebäude der Station Lichtenstein





Zeichnung: Staatsarchiv Ludwigsburg

Das Bahnhofsgebäude entstand auf der Basis eines von der KWStE standardisierten Bahnwärterhauses, an das noch eine Wartehalle angebaut wurde



Zeichnung: Staatsarchiv Ludwigsburg

In der ersten Planung sollte das Gebäude sogar noch einen Aussichtsturm erhalten. Angeblich stellte sich jedoch heraus, dass der Ausblick von dem Turm kein besonderer gewesen wäre und man hatte auf ihn wohl auch aus Kostengründen verzichtet. Aber schön wäre das Bahnhöfle mit Turm schon gewesen.

Am 1. August 1901 ist dann die Weiterführung der Bahn, von Münsingen nach Schelklingen an der Donaubahn, eröffnet worden. Von nun an konnten auch Züge von Reutlingen bis Ulm (und umgekehrt) durchfahren. Größere Veränderungen gab es jetzt im Lokomotiveinsatz, da nun normale Lokomotiven ohne Zahnrad aus Ulm mit schwereren Zügen von der Donau her auf die Alb nach Münsingen und weiter bis Lichtenstein fahren konnten.

Die sehr kleine Lokinspektion Münsingen wurde aufgegeben und die vier Zahnradloks in der größeren Lokinspektion Reutlingen stationiert.

Die Ulmer Loks brachten die Reutlinger Züge zunächst bis Lichtenstein. Dort kuppelte man sie vom Zug ab und nach dem sie auf der Drehscheibe gewendet wurden, warteten sie auf den Gegenzug aus Reutlingen. Den brachte eine Zahnradlok von Honau nach Lichtenstein. Diese Zahnradlok beförderte dann den Reutlinger Zug talwärts und die Ulmer Maschine nahm den Gegenzug nach Münsingen, bzw. Schelklingen – Ulm mit.


Beiträge von Michael Staiger und Rainer Hipp

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