Dienstag, 26. Mai 2015

Für die , die keinen GEA besitzen

 Unsere beiden Mitglieder wurden für je 40 Jahre mit einer Stele vom baden-württembergischen Gemeindetag geehrt

 Quelle: GEA Reutlingen


26.05.2015 - 06:25 Uhr Kommunalpolitik - Werner Vöhringer und Alfons Reiske sind seit der Gemeindegründung im Lichtensteiner Rat

Zwei alte Lichtensteiner Gemeinderäte packen aus

VON PETRA SCHÖBEL
LICHTENSTEIN. Vor 40 Jahren waren Alfons Reiske und Werner Vöhringer beide 24 Jahre alt. Reiske war damals schon lang SPD-Mitglied und Vorsitzender des Ortsverbands Unterhausen, Vöhringer engagierte sich in der Jungen Union. Beide wollten etwas bewegen für ihren Ort, der sich 1975 in eine Gemeinde mit mehreren Ortsteilen verwandelt hatte. Beide kandidierten für den damals neuen Lichtensteiner Gemeinderat und wurden gewählt. Heute sind die gestandenen Kommunalpolitiker beide 64 Jahre alt und immer noch Mitglieder des Lichtensteiner Rats. 40 Jahre nach der Gemeindereform blicken sie zurück auf eine wechselvolle lokale Geschichte.
Altgediente Kommunalpolitiker: Alfons Reiske und Werner Vöhringer sind seit 40 Jahren ? seit Gründung der Gesamtgemeinde  ? im Lichtensteiner Gemeinderat.  GEA-FOTO: SCHÖBEL
Altgediente Kommunalpolitiker: Alfons Reiske und Werner Vöhringer sind seit 40 Jahren – seit Gründung der Gesamtgemeinde – im Lichtensteiner Gemeinderat. FOTO: Petra Schöbel
Holzelfingen auf der Alb, Unterhausen und Honau im Tal – das waren 1975 nicht die besten Voraussetzungen, um aus den drei Dörfern eine Gesamtgemeinde zu formen. Sind die Orte inzwischen zusammengewachsen? Gibt es bei den Bürgern ein Gefühl für eine gemeinsame Identität? Alfons Reiske beantwortet diese Fragen mit spontanem Kopfschütteln. Und auch Werner Vöhringer gibt sich keiner Illusion hin: »Die Holzelfinger haben sich noch sehr viel Eigenständigkeit bewahrt«, betont er. Und auch Unterhausen und Honau bildeten noch längst keine Einheit. »Die Honemer sind nur näher dran«, lautet sein Fazit.

»Wir haben uns gegenseitig alles Mögliche geheißen«

Als Fehler möchten sie die Zusammenlegung der drei Orte im Rückblick dennoch nicht betrachten. Auf Verwaltungsebene laufe das ja ganz gut, meint Vöhringer. Die Teilorte haben über ihre Ortsämter, den Ortschaftsrat und ihre Gemeinderatsmitglieder gute Möglichkeiten, ihre Anliegen einzubringen und auch durchzusetzen.

Reiske geht der Einfluss der Ortsteile manchmal vielleicht ein bisschen zu weit. »In Holzelfingen und Honau ist in den vergangenen 40 Jahren pro Einwohner mehr Geld investiert worden als in Unterhausen«, erklärt er. Auf manches, was auf der Alb längst erledigt sei, warte man im Tal noch. Als Beispiele nennt er die Sanierung der Sporthallen oder die Flurbereinigung. Er erkennt an, dass die örtlichen Strukturen unterschiedlich sind und deshalb Prioritäten gesetzt werden mussten: »In Holzelfingen gibt es noch Landwirte, in Unterhausen nur noch wenige Nebenwerbs-Bauern. Deshalb war es wichtiger, zunächst auf der Alb für bessere Feldwege zu sorgen.«

Vöhringer weist unterdessen darauf hin, dass die kleineren Ortsteile in anderer Hinsicht benachteiligt sind. »Weder in Holzelfingen noch in Honau gibt es Lebensmittelladen, Bäcker, Metzger oder Arzt«, betont er. Die Honauer hätten nicht einmal mehr ihre Grundschule: Die Erst- bis Viertklässler werden jeden Tag mit dem Bus nach Holzelfingen gebracht. Unterhausen dagegen habe sich zu einem gut funktionierenden Kleinzentrum entwickelt.

Im April 1975 war der erste Lichtensteiner Rat gewählt worden, im Juni fand die erste Sitzung statt. Damals waren nicht nur die Ortsinteressen besonders ausgeprägt, auch die Parteipolitik spielte eine größere Rolle. »Jusos und Junge Union waren sehr aktiv. Wir haben uns gegenseitig bekämpft und beschimpft«, erinnert sich Vöhringer an laute Ratssitzungen in der Anfangszeit. »Wir haben uns gegenseitig alles Mögliche geheißen«, weiß auch Reiske. Beim Gedanken daran muss er noch nachträglich schmunzeln.

Deshalb rechnen es beide zu den Pluspunkten der lokalen Entwicklung, dass die Zusammenarbeit im Gemeinderat inzwischen recht reibungslos funktioniert. Was auch mit der Arbeit der Verwaltung zu tun habe: »Wir haben es ja mittlerweile mit dem dritten Bürgermeister seither zu tun«, sagt Vöhringer. Das Gremium werde jetzt wesentlich früher und umfassender über anstehende Themen informiert als früher, lobt der CDU-Ratsherr. Und Reiske hebt hervor, dass die Bürger der Gemeinde inzwischen wesentlich besser einbezogen würden. »Das war bei der B 312 so, beim Lärmaktionsplan und beim Gemeindeentwicklungskonzept«, listet er auf. Auch der Bürgerempfang, der vor Kurzem erstmals stattfand, sei ein Ausdruck der neuen Wertschätzung der Bevölkerung.

Um eine gemeinsame Lichtensteiner Identität zu stiften, müsste es nach Ansicht der Rats-Veteranen auf der Ebene der Vereine mehr Zusammenarbeit geben. Kurz nach der Gemeindegründung 1975 habe es ein großes gemeinsames Fest gegeben, erinnert sich Reiske. »Alle haben mitgemacht: alle Vereine, die Portugiesen, die Griechen und die Türken«, blickt er zurück und resümiert: »Das hat schnell nachgelassen.«

Inzwischen hat er eher eine gegenläufige Bewegung ausgemacht: »Am 1. Mai gab es vier oder fünf Feste in der Gemeinde, da macht man sich gegenseitig Konkurrenz«, bedauert er. Dass die Vereine Probleme haben, ihre Arbeit auf Dauer zu sichern, sei ein gesellschaftliches Problem, sagt Vöhringer. »Viele junge Leute haben kaum Zeit für Vereinsarbeit. Die muss man schon gezielt ansprechen, dann bringen sie sich auch ein«, weiß Reiske aus eigener Erfahrung.

»Wir brauchen Nachwuchs für den Gemeinderat«

Als Dauerthema hat die beiden in den vergangenen 40 Jahren der Albaufstieg begleitet. »Uns wurde immer unterstellt, wir hätten uns nicht für eine Trasse entscheiden können«, sagt Werner Vöhringer und fügt mit Bestimmtheit hinzu: »Das ist nicht richtig! Der Gemeinderat hat sich seinerzeit mit Mehrheit für die Trasse 7c durchs Zellertal über Holzelfingen zum Traifelberg entschieden.« Und das habe seinen Grund gehabt: »Wir wollten nicht, dass Unterhausen durch die Trasse durch den Ort zerschnitten würde.« Dem Regierungspräsidium sei 7c allerdings zu teuer gewesen. »Deshalb haben wir uns letztlich auf die Deckeltrasse geeinigt«, betont Reiske.

Was die Zukunft der Gemeinde angeht, sind beide zuversichtlich. Wenn Bürger, Gemeinderat und Verwaltung gemeinsam an einem Strang ziehen, dann lasse sich etwas bewegen. Vöhringer ist es vor allem wichtig, auch junge Menschen für die Kommunalpolitik zu interessieren. »Wie brauchen auch Nachwuchs für den Gemeinderat«, betont er. Schon bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr sei es nicht gelungen, alle Listen komplett mit Kandidaten zu füllen. Jugendliche sollten deshalb, frühzeitig lernen, dass auch sie etwas bewegen können, meinen die beiden. Deshalb so Reiske, sollte eine Struktur geschaffen werden, in der auch junge Lichtensteiner ihre Wünsche und Anliegen einbringen können. (GEA)

Herzlichen Glückwunsch vom Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein

1 Kommentar:

  1. 40 JAHRE!!!! Jetzt haben die Lichtensteiner wenigstens zwei gescheite Gemeinderäte!!!
    So viele haben ja noch nicht einmal greisfreie Großstädte...

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