Dienstag, 9. Februar 2016

Oberamtsbeschreibung Reutlingen 1824 Gemeinde Holzelfingen



13. Holzelfingen,
ein evangelisches Pfarrdorf mit 364 Einwohnern, auf der Höhe, am Rande der Alp, 2½ Stunden von Reutlingen; Revier Offenhausen, Forstamt Urach. Das Patronat besitzt die Landesherrschaft, welche auch den Pfarrer besoldet. Den großen Zehenten und den Novalzehenten bezieht die Cameral-Verwaltung, den kleinen und den Heuzehenten, die Pfarrey; der große Zehenten ist seit 1820 auf 18 Jahre an die Gemeinde verpachtet.
An Gefällen beziehen
der Staat, nachdem neuerlich mehrere abgelöst worden, noch 27 Sch. 2 Sri. Dinkel, 26 Sch. 3 Sri. Haber und 8 fl. 23 kr. Geld, aus Lehen und Zinsgütern;
die Heiligenpflege des Orts 5 Sch. 3 Sri. Dinkel und 4 Sch. 3¼ Sri. Haber, nebst 1 fl. 14 kr. Geld.
Ferner haben auch die Gemeindepflege des Orts, die Heiligenpflege Oberhausen, und die Pfarrey Unterhausen kleine Gefälle.
Äußerst malerisch ist die Lage der Kirche auf steilen Felsen, ganz am Rade des Gebirgs. Wie auf der ganzen Alp, so findet man auch hier schon die Strohdächer; besonders sind fast alle Wohngebäude mit Stroh, als der wärmern und gegen Sturm und Schneegestöber mehr schützenden Decke, bedeckt; die Scheuren dagegen haben meist Ziegeldächer.
Der Ort hat keine Brunnen, nicht einmal Cisternen, sondern blos „Hülen,“ in Hölen oder Vertiefungen zusammengelaufenes Wasser, das, obgleich sehr unrein und übel riechend, doch von dem Vieh gern getrunken wird. Das Quellwasser muß unten an der Steige geholt werden, wo sich in verschiedenen Abstufungen Zieh- und Schöpfbrunnen befinden.
Die Bevölkerung hat hier seit 10 Jahren nicht nur nicht zugenommen, sondern sogar um 21 Menschen abgenommen. Vergl. S. 41. Übrigens zeichnet sich der Ort Holzelfingen vortheilhaft durch die geringe Zahl von unehelichen Geburten aus. Der Boden ist gut, und großen Theils auch gut angebaut; doch besteht noch über ein Drittel des Ackerlandes in Wechselfeld. Es wird mehr Klee und Esper gebaut, und da der Ort, wie man auf der Alp sagt, stark eingeschlagen liegt, d. h. von schützenden Höhen umgeben ist; so findet man in und um denselben auch noch viele Obstbäume. Die Einwohner sind sehr  fleißig, sparsam und wohlhabend, und auch der Gemeindezustand ist gut. S. S. 78. Ein wichtiger Nahrungszweig der Einwohner ist neben dem Feldbau auch der Holzhandel.
In früheren Zeiten gehörte auch noch der Hof Traifelberg zu Holzelfingen, der gegen die Honauer Steige hin lag, im dreyßigjährigen Kriege aber untergegangen ist. Auf der Holzelfinger Markung lag auch
Greiffenstein, ein Schloß unweit Holzelfingen, am Rande des Gebirgs, auf hohen steilen und von 3 Seiten freystehenden Felsen, einst der Sitz der Herrn von Greiffenstein; gegenwärtig aber nur noch in wenigen Überresten vorhanden. Die Greiffenstein waren eine blühende Familie; der erste, den man davon kennen lernt, ist Mereboto de Grifinstein, der in einer Urkunde vom Jahr 1123, worin König Heinrich V. dem Kloster Alpirspach seine Freyheiten bestätigt, als Zeuge erscheint. In der Folge findet man sie in Würtembergischen Diensten; im Jahr 1331 sitzt Albrecht von Greyffenstein als Würtembergischer Landrichter auf dem Landgericht zu Cannstatt zu Gericht. Im Jahr 1355 verkauft Schwigger von Greiffenstein seine Herrschaft, nämlich die Burg Greiffenstein ob Reutlingen, sammt dem Dorf Holzelfingen und allen seinen Gütern, die er zu Hausen in dem Dorf, in dem Thal und auf der Alp diesseits Münsingen besessen, an Würtemberg. 
Der Kirchensatz von Holzelfingen wurde im Jahr 1419 von einem Bürger zu Reutlingen an das Kloster Güterstein bey Urach verkauft.
Auf dem Kirchhofe zu Holzelfingen sollen sich Grabsteine der Herrn von Greiffenstein befunden haben; gegenwärtig sieht man nur noch einen einzigen daselbst, den ein vormaliger Pfarrer in seinen Nutzen verwendet und zu einem Denkmal für seine verstorbenen Kinder gebraucht hat.
Nach einem Schreiben eines ehemaligen Pfarrers von Holzelfingen an Crusius, stand in der Nähe von Holzelfingen auch noch ein Schloß, Hochbidegg genannt, das den Greiffensteinern gehörte.
Aus der Umgebung von Holzelfingen verdient das höchst malerische Thälchen bemerkt zu werden, das von Pfullingen und Unterhausen dahin führt und zwischen hohen Felsen und Waldwänden hinläuft. Man erblickt darin zuerst links die Stelle von Stahleck, dann Greiffenstein in wildschöner Lage; außerordentlich wird man aber durch den Anblick der Holzelfinger Kirche überrascht, die wie in den Wolken schwebend von den Felsen durch den Wald herab sieht.


Bildertanzquelle: Internet abgeschrieben

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